Das seltsame Familienbild der Ampel-Regierung

Bekommen Sie Kinder für die Rente? Oder um die sozialen Sicherungssysteme für Fremde aufrecht zu erhalten? Bekommen Sie Kinder, um jemandem ungestört ihre politischen Ansichten am Küchentisch predigen zu können?  Oder damit Sie jemand pflegt im Alter? Heiraten Sie wegen des Steuermodells? Verheiraten Sie Ihre Kinder, um an Mitgift heranzukommen? Oder um verfeindete Nachbarschaften zu befrieden?

Die normalen Durchschnittsbürger unseres Landes würden die Frage nach dem „Warum“ einer Familie niemals ähnlich beantworten, wie es aus gesellschaftspolitischer und staatlicher Sicht genehm erscheint.

Die Zweckehe ist längst abgelöst durch eine möglicherweise überfrachtete, aber dennoch unsterbliche Erwartungshaltung an ewige Verliebtheit. Kinder zu bekommen, versorgt einen längst nicht mehr, es ruiniert einen eher gerade im Alter. Die Hoffnung und der Wunsch nach einem sicheren und behaglichen „Hafen“ von Ehe und Familie ist aber in allen Umfragen der Soziodemografie ungebrochen groß. Wir heiraten heute aus Liebe und bekommen Kinder, weil wir Kinder wollen. Familie genügt sich selbst, sie soll nicht nutzen, außer emotional. Angewendet auf das Hohelied der Liebe aus dem Korintherbrief (1 Kor 13,7) könnte man analog zur Familie romantisch formulieren: „Familie erträgt alles, glaubt alles, hofft alles, hält allem stand“.

Diese Sichtweise steht nahezu diametral zu jenen utilitaristischen Vorstellungen, die der Staat und die aktuelle Ampelregierung mit ihren familienpolitischen Akteuren an den Tag legt. Wobei zunächst zu bezweifeln wäre, dass es sich überhaupt um „familienpolitische“ Maßnahmen handelt, die unter diesem Label verkauft werden, da nicht wenige davon direkt dazu nutzen, Familie zu ersetzen und zu zersetzen. Dazu sollte dringend definiert werden, über was, wen und wie viele geredet wird, wenn heute im Namen von „Familienpolitik“ Gesetze und Geld aus dem Hut gezaubert werden.
Zahlreiche parallele Tendenz zeigen, dass Familie bei weitem nicht als unterstützenswerter Selbstzweck betrachtet wird, sondern als Spielfeld von politischen Ideologen, Interessensvertretern von identitären Minderheiten, von Wirtschaftsunternehmen und Steuerbeamten.


Familie soll heute vor allem anderen Menschen, anderen Interessen und anderen Systemen dienen – und am wenigsten sich selbst. So wird das Label „Familie“ inzwischen schamlos benutzt, um unter dem Deckmantel der Familienpolitik eine gesellschaftspolitische Agenda voranzutreiben, die den Menschen als Einzelperson abseits seiner Kernfamilie betrachtet. Oder um es unfreundlicher auszudrücken: Man nutzt Familie aus, ökonomisch und sozial, verkauft das ganze aber unter den Stichworten Emanzipation, Autonomie, Selbstbestimmung und natürlich „Antidiskriminierung“. Faktisch bedeutet dies eine Fragmentierung der Familie in ihre Einzelteile und das Ausspielen der Einzelinteressen gegen die Bedürfnisse jener Menschen, die uns zumindest trotz Streitereien um Abwasch und Erbe am meisten am Herzen liegen: Unsere eigenen Verwandten.

Familie und ihre Leistung für die soziale und ökonomische Stabilität eines Landes ist dabei durchaus wohlbekannt. Alle Ökonomen wissen um die unbezahlbare Arbeitsleistung, die erbracht wird, indem die nächste Generation geboren und großgezogen, die alte gepflegt und versorgt wird und ein Umlagesystem in den sozialen Sicherheitssystemen als Bonus-Sahnehäubchen auch noch jene mitfinanziert, die selbst gar kein Humankapital, sprich Kinder, ins System bringen.

Der Irrglaube besteht nun bei den politischen Ideologen der Linken, Sozialdemokraten, Grünen und Liberalen darin, dass man diese stabile Kernfamilie riskieren kann zugunsten von „neuen“, „bunten“, „vielfältigen“ und „diversen“ Floskel-Familienformen, ohne dass die Gesellschaft dadurch etwas verlöre. Es ist nicht auszuschließen, dass zahlreiche gutwillige Akteure, die dabei willig mithelfen, dieses Märchen wirklich glauben und in gutem Glauben handeln. Schon Lenin bezeichnete diesen Volksteil als „nützliche Idioten“.

Die schlimmeren Ideologen hingegen wissen genau, was sie tun, weil sie von einem grundsätzlich anderen Menschenbild ausgehen und „Vater Staat“ als einzig legitimes Familienoberhaupt akzeptieren. Da ist dann auch Schluss mit der sonst gern zitierten Gleichberechtigung, stattdessen herrscht ein schlimmerer Paternalismus zwischen „Nannystaat“ und Bürger als man sie im Umkehrschluss den traditionellen Familien ständig unterstellt.

Diese politische Fraktion leugnet gar den Stabilisierungsfaktor natürlicher Familienstrukturen über Generationen hinweg und damit natürlich auch das Scheitern aller historisch belegten Fehlversuche irgendwelcher „Ismen“, von Sozialismus über Totalitarismus bis hin zum Nationalsozialismus und Kommunismus, den neuen Menschen in einer neuen Gesellschaft zu „befreien“. Der weltweit renommierte Wirtschaftsökonom Ludwig von Mises hatte in seinem Buch „Die Gemeinwirtschaft – Untersuchungen über den Sozialismus 1932“ bereits nahezu schaurig schön die Denkweisen aber auch die Ideale aufgelistet, die heute eine Renaissance erleben, ohne dass die Protagonisten und die Konsumenten unserer Zeit überhaupt noch realisieren, dass sie gar nicht neuen, „modernen“ Idee nachhängen, sondern eine sehr alte reproduzieren, frei nach Mark Twain, wonach Geschichte sich nicht wiederhole, sondern sich reimt.

Die Rückkehr zum Kollektivdenken, war ein entscheidender erster Schritt, um dies im Kern sozialistische Gedankengut wieder salonfähig zu machen. Die gesellschaftspolitische Steuerung, die das Individuum gegen das Kollektiv in Stellung bringt, wird wieder als Verheißung oder gar als moralische Verpflichtung in einer ganz neuen Geschichte erzählt. Die SPD wirbt zwar mit dem Slogan „Das Wir gewinnt“. Faktisch haben wir es aber mit einem Rückfall vor die Implementierung universaler Menschenrechte zu tun, auch wenn ständig und von immer neuen „Menschenrechten“ im gesellschaftspolitischen Diskurs die Rede ist.

Sexuelle Rechte. Kinderrechte. Frauenrechte. LGBT-Rechte. Was sie alle gemein haben, ist das, was wir heute in einer überbordenden Identitätspolitik bereits zu spüren bekommen: Wir reden zwar von individueller Vielfalt, diese wird aber erst durch die Zugehörigkeit zur vermeintlich richtigen Gruppe verwirklicht – oder auch verwirkt.

Erstaunlich ist in diesem neuen Kollektivdenken, dass die Familie als eigenständiges Kollektiv nicht zählt, obwohl es sich doch als natürlich gewachsenes Kollektiv einer Großfamilie nahezu aufdrängt. Mehr noch: Ausgerechnet die kleinste soziale Einheit der Menschheit, die eigene Familie über mehrere Generationen hinweg, wird als größtes Hindernis des Fortschritts definiert. Entsprechend muss sie im Sozialismus dekonstruiert werden und die Familienpolitik konzentriert sich nicht mehr auf die Förderung der Einheit Familie, sondern die Förderung Einzelner abseits der Familie, indem man die einzelnen Mitglieder herausgreift oder auch gegeneinander ausspielt. Frauen gegen Männer, Kinder gegen die eigenen Eltern, die Jungen gegen die Alten.

Verbal bleibt man aber natürlich nett. Das Loblied auf die Familie wird von nahezu jeder Partei jeder Couleur gesungen. Jede Partei will die Familie fördern und unterstützen. Wir bekämpfen aber etwa beispielsweise nicht Familienarmut oder Elternarmut, sondern lieber „Kinderarmut“, so als wüchsen diese abseits irgendwo auf Bäumen und nicht etwa in der Familie auf.  Die Maßnahmen zur Bekämpfung der Kinderarmut werden nicht im Zusammenhang oder unter Einbeziehung der Eltern formuliert, sondern abseits ihrer Erziehungsberechtigten. Wir reden dann also über kostenloses Essen in der Ganztagsschule, flächendeckende Fremdbetreuung als Familienersatz, Bildungsgutscheine, Freizeitgutscheine usw. Die ökonomische Umverteilung soll die Kinder unabhängig und im Zweifel auch gegen den Willen der Eltern durch den omnipräsenten Nannystaat erreichen. Das autonome Kind der Zukunft verklagt seine Eltern auf Erlaubnis zur Geschlechtsumwandlung mit Hilfe des Anwaltes, den ihm das Jugendamt zahlt. „Familienfreundlich“ ist heute alles, was die Eltern ersetzt. Da spielt es denn auch keine Rolle, dass diese Kind-zentrierte Politik eine Entkernung der Familie vornimmt und die Ganztagsbetreuung von Kleinkindern als ein Konzept der Entfremdung vom Elternhaus wirkt, das selbst zu einer temporären Schlafeinrichtung verkommt.

Die politische Dekonstruktion der Familie ist längst in vollem Gange und hatte einen langen Vorlauf. Nicht mehr durch Abstammung, sondern durch zivilrechtliche Verträge soll sich Familie in Zukunft definieren. Bereits 2015 ließ der damalige Justizminister Heiko Maas eine „Arbeitsgruppe Abstammungsrecht“ einsetzen, die gar den Begriff der biologischen Abstammung als „missverständlich“ bezeichnete und empfahl stattdessen die „rechtliche Eltern-Kind-Zuordnung“ als Ersatzbegriff für natürliche Elternschaft, die fortan im Regelfall nicht mehr durch Fakten, sondern durch wieder lösbare Verträge determiniert sein soll. Die seither entwickelten Gesetzesinitiativen von Linken, Grünen, SPD und FDP lesen sich wie ein Entwurzelungs-Programm kommender Generationen. Der aktuelle FDP-Justizminister Marco Buschmann spricht von der „größten familienrechtlichen Reform der letzten Jahrzehnte“ und betont bei der Begründung der geplanten neuen „Verantwortungsgemeinschaft“, „man nehme dadurch niemandem etwas weg“. Gerade erst hat die Bundesregierung mit dem vorgestellten Aktionsplan „Queer Leben“ zahlreiche der diskutierten Komponenten bestätigt:  Mit-Mutterschaft für zwei lesbische Frauen ohne Nennung des Vaters, Vier-Elternschaft (wie es die FDP gerne hätte), Adoptionsrecht für Homosexuelle, Legalisierung von Eizellspende, Embryonenspende und zum Einstieg der vorerst „nicht-kommerziellen“ Leihmutterschaft, krankenkassenfinanzierte assistierte Samenspende für alleinstehende Frauen, neue selbstdefinierte Geschlechtseinträge von „non-binär“ bis „divers“ für Geburtsurkunden und Reisepässe, Kinderrechte in die Verfassung, Geschlechterwechsel ab 14 auch ohne Einverständnis der Eltern und nicht zuletzt als wesentlicher Baustein der Ersatz des aktuellen Transsexuellen-Gesetzes durch ein neues „Selbstbestimmungsgesetz“, bei dem ohne Arzt und Therapeut jeder selbst sein Geschlecht auf dem Standesamt „definiert“. Damit würde sich die Politik final von biologischen Faktoren zur Bestimmung von Geschlecht und Elternschaft verabschieden. Es ist genau so gewollt.